Soziale Marktwirtschaft

Das Jahr der Sozialen Marktwirtschaft

Im Februar 2022 wäre Ludwig Erhard 125 Jahre alt geworden. Im Juni 2023 feiern wir 75 Jahre Währungsreform – die Einführung der D-Mark gilt als Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft.

Seit fast 75 Jahren ist die Soziale Marktwirtschaft unsere Wirtschaftsordnung. Während dieser Zeit war sie einer der Garanten für den Wohlstand unserer Gesellschaft. Heute sehen wir, dass die Bindung vieler Menschen zur Sozialen Marktwirtschaft schwächer wird. Bei manchen wächst die Skepsis gegenüber marktwirtschaftlichen Ordnungen. Vielen fehlt das Wissen um die Kernelemente der Sozialen Marktwirtschaft – freie Preisbildung, stabiles Geld, freier Wettbewerb, dezentrale Planung und soziale Absicherung. Und andere fragen sich, ob unsere Wirtschaftsordnung den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gewachsen ist.

Es ist an der Zeit, den Menschen die Soziale Marktwirtschaft wieder stärker ins Bewusstsein zu rufen – als eine Wirtschaftsordnung, die von den Begründern als „dritter Weg“ bezeichnet wurde, als Alternative zur Plan- aber auch zur freien Marktwirtschaft. Es ist aber auch an der Zeit zu fragen, wie sich die Soziale Marktwirtschaft anpassen oder verändern muss, um Antworten zu finden auf die großen Herausforderungen unserer Zeit, wie zum Beispiel den Klimawandel, die demografische Entwicklung und die damit an ihre Grenzen stoßenden sozialen Sicherungssysteme oder die Digitalisierung.

In diesem und dem kommenden Jahr gibt es gleich mehrere Jahrestage, die sich um die Soziale Marktwirtschaft drehen. Sie bieten gute Anlässe, über diese Fragen nachzudenken und sie zu diskutieren.

2022: 75 Jahre Begriff Soziale Marktwirtschaft

1947 veröffentlichte Alfred Müller-Armack das Buch „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“, in dem erstmals einer breiten Öffentlichkeit der Begriff der „Sozialen Marktwirtschaft“ vorgestellt wird. Die Gedanken, die er in diesem Buch formuliert, gehen auf theoretische Grundlagen zurück, die Müller-Armack in der „Forschungsstelle für Allgemeine und Textile Marktwirtschaft“ der Universität Münster, die ab 1943 kriegsbedingt im Herz-Jesu-Kloster Vreden ihren Sitz hatte, entwickelte. In seinem 1947 erschienenen Buch skizziert Müller-Armack die Verbindung von marktwirtschaftlicher Ordnung und sozialer Gerechtigkeit als dritten Weg zwischen Planwirtschaft und reiner Marktwirtschaft. Für ihn besteht die wichtigste Aufgabe der von ihm „Soziale Marktwirtschaft“ genannten, neuen Wirtschaftsordnung darin, „das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs zu verbinden“. Nur wenn der soziale Friede in einer Gesellschaft gewahrt bleibe und alle Menschen Teilhabe an dieser Gesellschaft hätten, könne eine Marktwirtschaft, die unter anderem fairen Wettbewerb, freie Preisbildung und individuelle Freiheit gewährleiste, ein Land wie Deutschland nach dem Weltkrieg erfolgreich in die Zukunft führen.

4. Februar 2022: 125 Jahre Ludwig Erhard

Am 04. Februar 2022 wäre Ludwig Erhard 125 Jahre alt geworden. Ludwig Erhard gilt als „Vater des Wirtschaftswunders“ und war als Wirtschaftsminister einer der politischen Mitbegründer der Sozialen Marktwirtschaft. Es ist der Disput zwischen ihm und Bundeskanzler Konrad Adenauer überliefert, in dem sich Ludwig Erhard für eine Verpflichtung zur privaten Vorsorge aussprach, während Adenauer für das Umlageverfahren plädierte, das seitdem unsere gesetzliche Rentenversicherung prägt: Die aktiven Erwerbstätigen finanzieren die aktuell zu zahlenden Renten. Adenauers Spruch „Kinder bekommen die Leute immer“ bringt seine Auffassung auf den Punkt. Die demografische Entwicklung in Deutschland hat dazu geführt, dass immer mehr Rentner auf weniger junge Erwerbstätige kommen. Vor diesem Hintergrund ist das Thema der Generationengerechtigkeit ein wichtiger Aspekt der ökonomischen Bildung.

Februar 2022: 65 Jahre „Wohlstand für Alle“

Im Februar 1957 – vor 65 Jahren – erschien anlässlich des 60. Geburtstags von Ludwig Erhard sein Buch „Wohlstand für Alle“, in dem er seine Vorstellung der Sozialen Marktwirtschaft leicht verständlich für ein breites Publikum erklärt. Denn: Ludwig Erhard hat sich auch immer für eine gut informierte und ökonomisch gebildete Bevölkerung stark gemacht: „Durch gleiche Bildungsmöglichkeiten auf den verschiedenen Stufen, je nach Neigung und Begabung, unserer Jugend – ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen der Eltern – gleiche Lebens- und Fortkommenschancen einzuräumen, ist wesentlicher Bestandteil einer positiven Familienpolitik“, schreibt Ludwig Erhard in „Wohlstand für Alle“. 1966 betonte Erhard sein Bildungsanliegen nochmals in einer Rede: „Wir müssen mehr tun, um den Menschen die Fakten unserer politischen, geistigen und wirtschaftlichen Existenz nahezubringen, damit sie besser verstehen und mitgestalten können. [...] Der geradezu erschreckenden Unkenntnis über selbst einfache wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge müsste schon von der Schule her begegnet werden.“

Wer mehr über Ludwig Erhard erfahren will, sollte das Ludwig-Erhard-Zentrum in Fürth besuchen, das seit Januar den lange Zeit verschollenen Privatnachlass von Ludwig Erhard ausstellt.

31. Mai 2022: Preisverleihung Schülerwettbewerb econo=me

Auch wenn es kein Jubiläum ist, darf die Preisverleihung des econo=me Schülerwettbewerbs am 31. Mai hier nicht fehlen: Denn der Wettbewerb stand in diesem Jahr unter dem Motto: „In welcher Wirtschaftswelt wollen wir leben?“. Die teilnehmenden Schülergruppen sollten überlegen, ob und wie sich unsere Wirtschaftsordnung angesichts der Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung oder Demografische Entwicklung anpassen und verändern muss.

28. Juni 2022: 121 Jahre Alfred Müller Armack

Einen fast runden Geburtstag gibt es im Juni zu feiern: Am 28.06. würde Alfred Müller-Armack 121 Jahre alt. Im Rahmen dieses Geburtstags veranstaltet die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft (ASM) eine Tagung mit einem umfangreichen Programm aus Vorträgen und Aktivitäten. Weitere Informationen dazu gibt es demnächst auf der Webseite der ASM.

17. Juni 2023: 75 Jahre Währungsreform und Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft

Nicht zu vergessen ist der große Jubiläumstag am 20.06.2023: Dann jährt sich zum 75sten Mal die Währungsreform mit der Einführung der D-Mark in Westdeutschland. Dieses Datum gilt als die Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft und markiert den Beginn des Wirtschaftswunders in der Nachkriegszeit und der knapp ein Jahr später gegründeten Bundesrepublik.

Der Wohlstand unserer Gesellschaft beruht seit fast 75 Jahren auf der Sozialen Marktwirtschaft – die Jahrestage mögen uns daran erinnern und uns anregen, über die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft zu sprechen. Unsere Wirtschaftsordnung prägt unser Leben stark, deshalb sollte bekannt sein, was sie ausmacht, wie ihre Regeln funktionieren und dass sie nicht gesetzt ist, sondern von der Gesellschaft getragen und entwickelt werden sollte. Zu beidem leistet die ökonomische Bildung einen wertvollen Beitrag: Indem sie jungen Menschen hilft, ökonomische Zusammenhänge zu erkennen, wirtschaftlich zu denken und zu handeln. Wer die Wirtschaftsordnung und ihre Regeln kennt, wird sich besser in ihr bewegen können.