Ökonomische Bildung

Klimakrise, Coronakrise und Ökonomische Bildung

Wie wichtig ökonomische Bildung mit Blick auf Corona-Pandemie und Klimawandel ist, erklärt Kajo Burkard, Vorsitzender des VÖBAS, im Gastbeitrag zum „Tag der ökonomischen Bildung“ am 19. März 2021.

Heute ist Klimawandel keine prognostizierte Zukunft mehr, sondern gegenwärtige Realität. Uns bleibt nach übereinstimmender Auskunft der Klimaforschung nur noch wenig Zeit, den menschengemachten Prozess der globalen Erwärmung durch eine umfassende Veränderung unserer Lebens- und Wirtschaftsweise so weit wie irgend möglich aufzuhalten und uns gleichzeitig bestmöglich an die absehbaren Veränderungen unserer Umwelt anzupassen. Im Ringen um das Überleben der Menschheit müssen wir keineswegs unsere Vision eines guten Lebens aufgeben, wohl aber werden wir zweifellos andere Prioritäten setzen müssen.

Wirtschaftsunterricht hilft, verschiedene Perspektiven einzunehmen

Ökologische Einsichten und heroische Absichten reichen freilich nicht aus. Es bedarf auch geänderter ökonomischer Restriktionen und Anreize, damit wir unser individuelles und kollektives Verhalten im Sinne der Klimaschutzziele tatsächlich ändern. Dabei wird auf den verschiedenen Handlungsfeldern und in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen das ganze Arsenal wirtschaftspolitischer Instrumente zum Einsatz kommen müssen: von ordnungspolitischen Ge- und Verboten (wie Bauvorschriften oder Tempolimits) über marktwirtschaftlich-anreizkonforme Instrumente (wie den Zertifikatehandel) bis zur gezielten (gesetzlichen und finanziellen) Förderung von Technologien, Produkten und Prozessen.

Der Wirtschaftsunterricht kann und sollte einen wesentlichen Beitrag zur mehrperspektivischen und kontroversen Auseinandersetzung mit den ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels sowie mit präventiven und adaptiven Strategien leisten, indem er unter Rückgriff auf ökonomische Kategorien und Konzepte die Perspektiven und Interessen von privaten Haushalten, Unternehmen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Verbänden und NGOs, Gemeinden, Regionen, Staaten und internationalen Organisationen, des globalen Nordens und des globalen Südens zur Sprache bringt.

Die ökonomische Sicht auf die soziale Welt bleibt unverzichtbar

Wie sehr auch eine so komplexe Thematik fächerübergreifendes und fächerverbindendes Lernen (insbesondere mit den Fächern Erdkunde und Politik) erforderlich macht, so unverzichtbar ist und bleibt doch die spezifisch ökonomische Sicht auf die soziale Welt: die Knappheit der natürlichen und humanen Ressourcen, die daraus resultierenden Verwendungs- und Verteilungskonflikte, die betrieblichen und volkswirtschaftlichen Kreisläufe und Interdependenzen, die marktlichen und nicht-marktlichen Entscheidungssysteme etc. Deshalb fordern wir seit vielen Jahren möglichst ein eigenständiges Fach Wirtschaft, mindestens aber die hinreichende Verankerung ökonomischer Inhalte, Perspektiven und Methoden in den verschiedenen Kombinations- und Integrationsfächern der ökonomischen Bildung (wie Politik-Wirtschaft, AWT, Wirtschaft und Recht u.ä.).

Corona-Pandemie – auch ihre Bekämpfung verlangt ökonomisches Wissen

Ökonomische Bildung benötigen wir erst recht, wenn es aktuell darum geht, die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der auf ihre Eindämmung gerichteten gesundheitspolitischen Maßnahmen wie auch die fiskal-, geld- und sozialpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen auf den verschiedenen Handlungsfeldern und -ebenen des europäischen Mehrebenensystems angemessen zu beschreiben, zu erklären und zu beurteilen.

Auch wenn die ökonomischen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie momentan unseren Alltag beherrschen, verliert die Klimakrise nichts an ihrer Dringlichkeit. Beide Krisen sind global; sie machen vor keinen Ländergrenzen halt, fordern die gesamte Menschheit auf allen Ebenen heraus: international und national, regional und lokal, kollektiv und individuell. Sie verlangen sowohl unmittelbare Reaktionen auf bereits eingetretene Entwicklungen als auch vorausschauendes Handeln zur Eindämmung kommender Gefahren. In der gegenwärtigen Situation kommt es darauf an, die kurzfristigen Programme zur Stabilisierung der deutschen und europäischen Wirtschaft (zum Beispiel den europäischen Corona-Wiederaufbaufonds) mit Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase (etwa im Rahmen eines „European Green Deal“) zu kombinieren.

Hon.-Prof. Dr. Kajo Burkard ist Vorsitzender des Verbands Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen e.V. (VÖBAS).

Die vollständige Fassung des hier in gekürzter Form veröffentlichten Beitrags finden Sie auf der Internetseite des VÖBAS.