OeBiX-Studie

Zeugnisalarm: Deutschlands Ökonomische Bildung fällt durch. 
Die OeBiX-Studie Index 2024 zeigt, was zu tun ist.

Die neue OeBiX-Studie zeigt: Neun von 16 Bundesländern erfüllen weniger als 50 Prozent der Anforderungen eines regulären Nebenfachs. Im Zentralabitur ist Ökonomische Bildung das Nebenfach unter den Nebenfächern.

Köln, 13.09.2024. Jugendliche wünschen sich mehr Ökonomische Bildung – und brauchen diese für eine bessere Orientierung und Vorbereitung auf das Leben auch. Das belegen etliche Studien. Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger haben die Initiative „Finanzielle Bildung für das Leben“ gestartet. Für den Bereich Schule sind nun die Länder gefragt. Die OeBiX-Studie Index 2024 zum „Stand der Ökonomischen Bildung in Deutschland“, die das Institut für Ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg (IÖB) im Auftrag, der die Flossbach von Storch Stiftung aktualisiert und inhaltlich vertieft hat, zeigt auf, was zu tun ist. Die Wissenschaftler des IÖB haben bundesweit und landesspezifisch zum einen den Stand der Ökonomischen Bildung an deutschen Schulen untersucht. Zum anderen haben sie erhoben, wie Ökonomische Bildung an den Hochschulen bei Lehramtsstudiengängen und Lehrstühlen verankert ist. Neu sind neben quantitativen Faktoren nun auch qualitative Daten der OeBiX Schwerpunktstudien zur Lehrkräfte-Fortbildung sowie zu schulischen Lehrplänen und Hochschul-Curricula eingeflossen. Die Studienergebnisse fließen in den Gesamtindex Ökonomische Bildung in Deutschland (OeBiX) ein.

Auch nach drei Jahren bleibt Ökonomische Bildung das Nebenfach unter den Nebenfächern

Die Anforderungen eines normalen Nebenfachs werden weiterhin deutlich verfehlt: Zehn von 16 Bundesländern erfüllen im Gesamtindex „OeBiX“ wieder nicht einmal die Hälfte der Anforderungen, die für ein Nebenfach Wirtschaft gelten müssten. Auch in den beiden Teilindizes für „Schule/Unterricht“ und „Hochschule/Lehrkräftebildung“ sieht es nicht besser aus: Dieselben fünf Bundesländer (BW, NI, BY, ST, SH) erfüllen im Bereich Hochschule mehr als die Hälfte der Anforderungen – am besten schneidet dort Baden-Württemberg mit mehr 86 Prozent ab. In den anderen Bundesländern hat sich in diesem Bereich seit der ersten Erhebung 2021 nichts bewegt. Die letzten drei Plätze belegen erneut Bremen, das Saarland und Sachsen. Im Teilindex Schule/Unterricht sieht es etwas besser aus: Dort erfüllen noch immer sechs Bundesländer (NI, HB, BY, NRW, HB, BW, MV) mehr als die Hälfte der Anforderungen, die drei letzten Plätze belegen Hamburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen.

Bessere Verankerung von Ökonomischer Bildung notwendig

Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass trotz vieler Anstrengungen Ökonomische Bildung in Deutschland nicht hinreichend verankert ist, wenn man von einem Nebenfach Wirtschaft ausgeht“, sagt Prof. Dr. Dirk Loerwald, Institut für Ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg (IÖB). Die Studie belegt das an einer der eingängigsten Messgröße: Den Unterrichtsstunden. Geht man bei einem Pflichtfach in der Sekundarstufe I von sechs Kontingentstunden (z. B. drei Schuljahre, in denen Schülerinnen und Schüler jeweils zwei Wochenstunden Wirtschaftsunterricht erhalten), dann verfehlen alle Bundesländer sowohl am Gymnasium als auch an nicht-gymnasialen Schulformen das Ziel – zum Teil sehr deutlich.

Lehrkräftebildung: Immer noch das Kernproblem

Neben dem Bereich Schule haben die Forschenden den Bereich Hochschule/Lehrkräftebildung bundesweit und bundeslandspezifisch untersucht. „An der Hochschulbildung zeigt sich das eigentliche Drama um die mangelhafte Verankerung Ökonomischer Bildung“, sagt Dr. Stephan Friebel-Piechotta, Institut für Ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg (IÖB). Denn wenn nicht genügend Lehrkräfte eine fachwissenschaftlich und fachdidaktisch adäquate Ausbildung durchlaufen, es an fachdidaktischen Professuren und spezifischen Lehramtsstudiengängen mangelt, kann auch keine grundständige Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften erfolgen – und damit verlängert sich das Problem um weitere Jahre.“

„Ökonomische Bildung gehört zu einer modernen Allgemeinbildung. Sie ist ein wichtiger Baustein für mehr Chancengerechtigkeit. Jugendliche wünschen sich mehr Orientierung durch Wirtschafts- und Finanzbildung. Für die jungen Menschen und die Zukunft unserer Gesellschaft ist zentral, dass Ökonomische Bildung im geschützten Raum Schule durch gut wirtschaftlich ausgebildete Lehrkräfte unterrichtet wird“, so Verena von Hugo, Vorständin der Flossbach von Storch Stiftung. „Die Ergebnisse der OeBiX-Studie zeigen transparent und lösungsorientiert, wo Optimierungspotenziale im Bereich der Ökonomischen Bildung liegen – sowohl in der Schule als auch in der Lehrkräftebildung an der Hochschule.“

Auch erneut analysiert: Die Aufgaben im Zentralabitur: Ökonomische Bildung selten verpflichtend, wenig Zahlen und Statistik

In 80 Prozent der untersuchten sozialwissenschaftlichen Integrationsfächer werden im Abitur die Einheitlichen Prüfungsanforderungen der Kultusministerkonferenz (EPA) Wirtschaft nicht angewendet. Bereits 1979 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) die EPA beschlossen, um mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit in den Prüfungsanforderungen und -verfahren in der Abiturprüfung gewährleisten zu können.  Dieses entscheidende Kriterium zur Sicherung der Gleichwertigkeit der Abiturprüfungen wird also von elf Bundesländern nicht eingehalten. Nur in Hessen liegen einem zentral geprüften Integrationsfach (Politik und Wirtschaft) die EPA-Wirtschaft zugrunde.

Insgesamt spielt das eigenständige Nebenfach Wirtschaft im Zentralabitur nur eine marginale Rolle: Lediglich in den beiden Bundesländern Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern wird im Zentralabitur das eigenständige Fach Wirtschaft geprüft, in zwei weiteren Bundesländern (HE, SL) gibt es neben einem sozialwissenschaftlichen Integrationsfach auch zentrale Abiturprüfungen für ein eigenständiges Fach Wirtschaft. Somit gibt es lediglich in vier Bundesländern zentrale Abiturprüfungen für reine Wirtschaftsfächer. Insgesamt verlangen nur 21,8 Prozent der Aufgaben den Umgang mit Zahlenmaterial und Statistiken, Textarbeit wird hingegen in 69,3 Prozent aller Aufgaben eingefordert.

„Unser Antrieb ist die Vision einer starken und demokratischen Gesellschaft, in der jeder Mensch ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben führen und vorausschauend handeln kann. Dazu gehört Wirtschafts- und Finanzbildung als ein unentbehrlicher Bestandteil der Allgemeinbildung. Deshalb machen wir uns dafür stark, die Wirtschafts- und Finanzbildung von Schülerinnen und Schülern durch die Ökonomische Bildung in Deutschland zu stärken“, bringt es Kurt von Storch, Stifter der Flossbach von Storch Stiftung, auf den Punkt.

Überblick über die OeBiX-Studien: www.oebix.de

Über den Index Ökonomische Bildung in Deutschland OeBiX

Der Index Ökonomische Bildung in Deutschland (OeBiX) untersucht 2024 nach drei Jahren zum zweiten Mal den Stand der Ökonomischen Bildung in Deutschland und in den einzelnen Bundesländern und besteht aus den beiden Dimensionen Schule und Lehrkräftebildung. Der Teilindex Schule untersucht den Unterrichtsanteil ökonomischer Lehrinhalte mit verschiedenen Variablen gemessen an Kontingentstunden in den Sekundarstufe I und II in den bestehenden Schulformen und gewichtet diese anhand mehrerer Faktoren. Der Teilindex Lehrkräftebildung untersucht den Stand der Lehrkräfteausbildung in der Ökonomischen Bildung und gewichtet mit verschiedenen Variablen dabei die fachwissenschaftliche und wirtschaftsdidaktische Ausbildung sowie das Bestehen wirtschaftsdidaktischer Professuren jeweils anhand bestimmter Faktoren.

Kontakt:

Flossbach von Storch STIFTUNG
Verena von Hugo
Vorständin
E-Mail: verena.vonhugo@fvs-stiftung.de

Institut für Ökonomische Bildung (IÖB)
An-Institut an der CvO Universität Oldenburg
Prof. Dr. Dirk Loerwald
Wissenschaftliche Leitung/Geschäftsführung
E-Mail: loerwald@ioeb.de