Rheinland-Pfalz belegt im OeBiX-Gesamtindex den letzten Platz. Dies ist unter anderem auf die mangelnde Verankerung Ökonomischer Bildung in den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen zurückzuführen. In den entsprechenden, für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtenden Ankerfächern (Sozialkunde, Gesellschaftslehre) spielen ökonomische Inhalte eine untergeordnete Rolle. Im Einklang damit sind auch wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsdidaktische Inhalte in den Studiengängen, in denen Lehrkräfte für diese Fächer ausgebildet werden, nicht gut verankert. Zudem gibt es an fast allen Universitätsstandorten, mit Ausnahme von Koblenz-Landau, keine wirtschaftsdidaktische Professur. Am stärksten ist die Ökonomische Bildung in Rheinland-Pfalz in der Realschule Plus verankert. Hier gibt es ein eigenständiges Wahlpflichtfach Wirtschaft (Wirtschaft und Verwaltung).
Rheinland-Pfalz liegt bei beiden Teilindizes sowie beim Gesamtindex deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts. Beim Teilindex Schule kommt Rheinland-Pfalz auf 26,35 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 48,50 Prozent. Beim Teilindex Lehrkräftebildung erreicht Rheinland-Pfalz 16,75 Prozent – das sind 22,45 Prozentpunkte weniger als der Bundesdurchschnitt (39,20 Prozent).
Rheinland-Pfalz liegt in allen Bereichen unterhalb des Bundesdurchschnitts - und das oftmals deutlich. Bei der Verankerung der Ökonomischen Bildung in der Sekundarstufe I der nicht-gymnasialen Schulformen kommt Rheinland-Pfalz mit 46,81 Prozent noch relativ nah an den Bundesdurchschnitt (58,40 Prozent) heran. In anderen Bereichen sind die Unterschiede sehr viel deutlicher. Dies gilt vor allem für die Kategorien der Lehrkräftebildung. So kommt Rheinland-Pfalz bei der Kategorie „Studiengänge Gymnasium“, die die Verankerung wirtschaftswissenschaftlicher und wirtschaftsdidaktischer Inhalte in der gymnasialen Lehrkräftebildung abbildet, auf nur 1,4 Prozent. Das sind 27,33 Prozentpunkte weniger als der Bundesdurchschnitt von 28,76 Prozent.
Für die OeBiX-Studie wurde pro Bundesland und Schulform sowie Schulstufe jeweils ein Ankerfach für die Ökonomische Bildung im Pflichtbereich identifiziert. Da im Wahlpflichtbereich in einigen Fällen pro Schulform mehrere klar auf Wirtschaft fokussierte Wahlpflichtfächer angeboten werden können, wurden, anders als bei den Pflichtfächern, zum Teil auch mehrere Wahlpflichtfächer pro Schulform und -stufe in einem Bundesland bei den Berechnungen berücksichtigt. Diese Pflicht- und Wahlpflichtfächer stellen eine Berechnungsgrundlage für den OeBiX dar. Auf der Basis der jeweiligen behördlichen Dokumente (Lehrpläne, Verordnungen, Stundentafeln etc.) für die Sekundarstufen I und II wurden die für die jeweiligen Ankerfächer veranschlagten Kontingentstunden ermittelt. In einigen Stundentafeln sind die Kontingentstunden für mehrere Fächer in Summe angegeben, ohne dass der Anteil der einzelnen Fächer benannt ist. In diesen Fällen wurden die Kontingentstunden über den Durchschnitt ermittelt. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Fächer ggf. in unterschiedlich vielen Jahrgängen unterrichtet werden. Sind Mindeststunden für ein Fach angegeben, wurden diese zugrunde gelegt. Ökonomische Bildung ist in der Regel in einem Integrationsfach verankert. In diesen Fällen wurden die entsprechenden Curricula gesichtet, um den Anteil der ökonomischen Inhalte in dem Fach zu bestimmen. Entsprechend dieses Anteils wurde die Anzahl der Kontingentstunden für die Ökonomische Bildung bestimmt.
Im Gymnasium steht für Ökonomische Bildung im Pflichtbereich der Sekundarstufe I nur eine Kontingentstunde zur Verfügung. In der Realschule Plus und in der Gemeinschaftsschule ist die Situation etwas besser. Aber auch in diesen Schulformen kommt Ökonomische Bildung nicht ansatzweise an die sechs Kontingentstunden heran, die für ein normales Nebenfach im Pflichtbereich der Sekundarstufe I zur Verfügung stehen sollten.
Im Pflichtbereich der Sekundarstufe I des Gymnasiums steht für Ökonomische Bildung deutlich weniger Unterrichtszeit zur Verfügung als für andere Nebenfächer wie Erdkunde, Geschichte oder die Naturwissenschaften. Erdkunde kommt beispielsweise auf achteinhalbmal so viel Unterrichtszeit wie Ökonomische Bildung. Für Physik steht über neunmal so viel Zeit zur Verfügung. Etwas besser als im Gymnasium sieht es im Pflichtbereich der Sekundarstufe I der nicht- gymnasialen Schulformen aus. Aber auch hier steht für alle anderen Nebenfächer mehr Unterrichtszeit im Pflichtbereich zur Verfügung als für Ökonomische Bildung. Die Unterschiede sind in Teilen auch hier deutlich. So sind für Physik und Biologie jeweils durchschnittlich über acht Kontingentstunden vorgesehen, für Ökonomische Bildung hingegen nur durchschnittlich 1,81 Kontingentstunden.
In Rheinland-Pfalz gibt es nur eine wirtschaftsdidaktische Professur. Diese ist allerdings für die Lehrkräftebildung für das Wahlpflichtfach Wirtschaft und Verwaltung zuständig. Für die Studiengänge, in denen Lehrkräfte für eines der wirtschaftsaffinen Pflichtfächer in Rheinland-Pfalz ausgebildet werden, sind hingegen keine wirtschaftsdidaktischen Professuren zuständig.
Prof. Dr. Günther Seeber
Professor für Wirtschaftswissenschaft und ihre Didaktik an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau